Der Haarkräuterkalender für Juni kommt ein wenig verspätet, aber da die Kräuter den ganzen Sommer über zur Ernte bereit sind, macht es rein gar nichts, wenn wir sie erst im Juli besprechen. Bis auf Holunder und Ringelblume handelt es sich um Pflanzen, die ich auf meiner Fensterbank habe und daher stets frisch ernten kann, wenn ich sie brauche. Henrik und ich waren diesmal deswegen nicht auf Wildkräutersuche und haben daher kein Video für den Haarkräuterkalender gedreht. Schande über uns! Dafür gibt es den Haarkräuterkalender für Juli, der nur einen Showrunner hat, aber ganz schnell hinterher. Die Übersicht des Haarkräuterkalenders und was ich aus den Kräutern mache, findet ihr hier: Kräuter fürs Haar, durchs ganze Jahr!
Beginnen wir mit zwei altbekannten Kräutern, die wir aus der Küche kennen, wagen uns zu einer orange-leuchtenden Pflanze aus dem Salbenregal und kommen dann zum strauchigen Finale! :D
Die Menthol-Nymphe: Minze (Mentha)
Die Pfefferminze ist für mich ein recht typisches Kraut aus meiner Kindheit, denn in meinem Kindergarten konnte ich stets zwischen Hagebutten- oder Pfefferminztee wählen. Für uns war das eher eine Entscheidung zwischen Farben. Rot oder grün. Denn der Tee wurde zur Unkenntlichkeit gesüßt und wenn ich so an diese Zeit zurück denke, bin ich mir recht sicher, dass auch nicht sonderlich auf die Qualität oder das Alter der Kräuter geachtet wurde. Trotzdem entschied ich mich immer für grün. Und somit stets für Minze. Heute ist die Minze für mich ganz besonders essentiell an warmen Tagen, wo ich mich mit Minzwasser einsprühe oder Mineralwasser mit Minze trinke. Super erfrischend.
Sagen und Mythen rund um die Minze gibt es wahrscheinlich so zahlreich wie Einsatzgebiete und Wirkweisen die man ihr zuspricht. So sagte Walahfrid Strabo, ein Mönch der eines der bedeutendsten Gartenbücher (”Buch über die Gartenpflege // Liber de Cultura Hortorum”, aus dem Jahre 840) des Mittelalters schrieb, über sie:
Nimmer fehle mir auch ein Vorrat gewöhnlicher Minze,
So verschieden nach Sorten und Arten, nach Farben und Kräften.
Eine nützliche Art soll die rauhe Stimme, so sagt man,
Wieder zu klarem Klang zurückzuführen vermögen,
Wenn ein Kranker, den häufige Heiserkeit quälend belästigt,
Trinkend einnimmt als Tee ihren Saft mit nüchternem Magen.
Noch eine Art dieser Pflanze, von mastigem Wuchs, ist vorhanden,
Die nicht mehr bloß eines kleinen Gewächses Schatten verbreitet,
Sondern nach Art des Holunders mit starkem Stengel emporstrebt,
Spreitet nach allen Seiten die großen Flügel der Blätter.
Anders ist ihr Geruch und ihr Saft etwas herber zu trinken.
Wen aber einer die Kräfte und Arten und Namen der Minze
Samt und sonders zu nennen vermöchte, so müßte er gleich auch
Wissen, wie viele Fische im Roten Meere wohl schwimmen,
Oder wie viele Funken Vulkanus, der Schmelzgott aus Lemnos,
Schickt in die Lüfte empor aus den riesigen Essen des Aetna.
Und auch der Name der Minze hat einen mythischen Hintergrund. Nach einer griechischen Sage soll Minthe eine Nymphe und Tochter des Flussgottes Kokytos gewesen sein. Hades, der Gott der Unterwelt, verliebte sich in sie und betrog seine Frau Persephone mit ihr. Diese soll so wütend geworden sein, dass sie Minthe tötete und in Stücke riss. Minthe verwandelte sich daraufhin in eine grüne Pflanze, die einen wunderbaren Duft ausströmte, wenn man auf ihr herumtrampelte.
Die Pfefferminze wächst problemlos in vielen Gärten und kann ebenso auf dem Fensterbrett gedeihen. Da sie rege Verwendung in der Küche findet, sind sie im Topf in beinahe jedem Supermarkt zu bekommen. Wer auf bereits getrocknete Minze zurückgreifen möchte, hat keine Schwierigkeiten sie in Bioläden, Drogerien, Lebensmittelgeschäften und Apotheken zu finden. Die Minze ist einfach überall!
Für unseren Haarkräuterkalender ist die Minze interessant, weil der Sud aus ihren Blättern (vor der Blüte ernten) wunderbar gegen fettiges und schuppiges Haar hilft. Gerade jetzt im Sommer ist der Frischekick auf dem Kopf ein wachmachendes Erlebnis. Der scharf-kühle Duft hilft mir außerdem bei Kopfschmerzen, die dadurch gelindert werden.
Wie ihr auf meinem Minze-Foto sehen könnt, ist da ein gänzlich anderer Akteur im Vordergrund. Meine Pfefferminze stand nun einige Zeit auf meiner Fensterbank und ich wunderte mich, weshalb sie kaum wuchs und so zerpflückt aussah. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen und schob es auf einen unserer Kater, der sich gerne mal an Pflanzen vergreift und rupft. Aber als ich die paar Reste der Minze ernten wollte, fand ich endlich den Grund für mein kleines Minzeproblem. Da hatte sich doch tatsächlich eine Raupe eingeschlichen und futterte sich wochenlang unbemerkt dick. Ich verbrachte bestimmt eine Stunde damit, um dieses faszinierende kleine Tierchen zu beobachten, wie es den kargen Rest der Pflanze vertilgte. Das musste ich unbedingt auf Band festhalten. <3
Nervenkraut: Melisse (Melissa officinalis)
Ich komme nicht drumherum. Immer wenn ich irgendwo Zitronenmelisse sehe, muss ich an ihren Blättern reiben und daran riechen. Dieser typische Duft erinnert mich stets an eiskalte Limonade und genau da mache ich ihre Blätter auch am liebsten rein. Zusammen mit Pfefferminze und Holunder lässt sich übrigens ein erfrischender Eistee zaubern, der nur so nach Sommer schreit. Denkt an meine Worte, wenn ihr das nächste Mal fertig von der Hitze irgendwo rumschwitzt! :D
Die Volksnamen einer Pflanze weisen häufig auf die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten hin. Die Melisse trägt zum Beispiel den Beinamen “Bienenfang”, da man früher glaubte, dass Bienen einen Garten, in dem Melisse steht, niemals verlassen werden. Die Melisse ist zudem ein uraltes Hausmittel und soll gegen Einschlafstörungen, Erschöpfung, Kopfweh und viele andere Leiden helfen. Bei starken Menstruationsbeschwerden findet sie ebenso ihren Einsatz, da sie krampflösend wirkt. Es ist also nicht verwunderlich, dass sie im Mittelalter durch eine Verordnung („Capitulare de villis“ durch Karl dem Großen) in jedem Klostergarten angebaut werden musste.
Wie schon die Minze, die übrigens mit der Melisse verwandt ist, findet man diese in Lebensmittelgeschäften im Topf oder getrocknet als Tee in Drogerien, Biomärkten und Apotheken.
In unserem Haartee ist die Melisse mit Blättern, Blüten, Stängeln und sogar Wurzeln, eine hervorragende Ingredienz gegen stumpfe und fettige Haare. Sie wirkt antibakteriell, ist pilzhemmend und beruhigt die Kopfhaut.
Hautfreundliche Prophetin: Ringelblume (Calendula officinalis)
Ich bin ja in einem kleinen 800-Seelen-Dorf aufgewachsen und hier konnte ich die Ringelblume in den großen Gärten der Bauern bestaunen. Schon von Weitem sah man die orangenen Blütenköpfe leuchten. Und wie sie damals dort gewuchert sind! Über die Jahrhunderte hinweg, und so machten es auch noch die Bauern aus meinem Ort, war die Ringelblume eine Wetterprophetin. So erzählte man mir, dass es schönes Wetter geben würde, wenn die Blüten der Blume vor sieben Uhr morgens schon geöffnet wären. Wären sie nach sieben allerdings immer noch geschlossen, würde mit Sicherheit schlechtes Wetter anstehen. Ich habe es leider nie nachgeprüft. ;D Heute sehe ich die Ringelblumen aber kaum noch in Gärten, dabei ist sie nicht nur schön anzusehen, sondern auch eine wahnsinnig interessante Pflanze.
Mindestens kennt ihr sie durch die weit verbreitete Ringelblumensalbe, oder? Denn hier hat sie ihre große Stärke. Rissige, wunde oder trockene Haut wird von ihr profitieren, denn sie wirkt adstringierend, antibakteriell und entzündungshemmend. Kleine Entzündungen, Wunden, Sonnenbrand oder Pickel heilen durch die Ringelblumen schneller. Der deutsche Alchemist Johann Joachim Becher (um 1660) schrieb über sie:
Der Leber / Hertzen auch / steht bey die Ringelblum /
Sie treibt den Schweiß und Gifft / behält darin den Ruhm /
Sie fördert die Geburt / und treibt der Frauen Zeit /
Ein Wasser / Essig und Conseco wird drauß bereit.
Die dunkleren, beinahe rostbraunen Blüten der Ringelblume, wurden früher zum Schminken genutzt. So liegt es nahe, dass die Blüten auch durch unseren Haartee aufs Haar abfärben können. Helles Haar gewinnt durch die Ringelblume goldgelbe Farbreflexe. Das Haar bekommt einen warmen Stich. Ich empfehle euch den Ringelblumenhaartee besonders bei trockener und schuppiger Kopfhaut.
Foto: CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication
Magischer Strauch, Frau Holle: Holunder (Sambucus nigra)
Der schwarze Holunder ist super leicht zu finden, denn er wächst gerne in der Nähe von Häusern. Kein Wunder also, dass ich ihn sogar mitten in Großstädten entdecke. Einer Sage nach sucht der Holunder sich seinen Platz ganz bewusst von selbst, denn in ihm sollen gute Hausgeister leben, die die Bewohner des angrenzenden Heimes beschützen. Das war auch der Grund, weshalb man damals davon absah einen Holunderstrauch zu fällen, obwohl diese ganz gerne mal mehrere Meter Platz einnehmen und andere Pflanzen verdrängen.
“Willst Du aus dem Leben scheiden, tue den Holunder schneiden.”
Alle anderen von mir erwähnten Sommerhaarkräuter fanden regen Zuspruch durch Hildegard von Bingen. Nur der Holunder nicht. Und das obwohl er zahlreiche Vorzüge für unsere Gesundheit (zum Beispiel ganz typisch bei Erkältung) hat. Ich hatte mich also kürzlich gefragt, weshalb einige der damaligen Heilkundigen den Holunder als nutzlos abtaten und fand die Antwort in der Christianisierung zu dieser Zeit. Der Holunder war jeher eine “magische” Pflanze und wurde für heidnische Rituale aller Art eingesetzt, was letztlich der Grund für das neue Image war. Und so wurde aus ihm ein Strauch des Teufels. Mensch, da ist manchen Leuten aber echt lecker Holunderblütensirup entgangen, wenn ihr mich fragt! :D
Als Haartee ist der Holunder attraktiv, weil er entzündungshemmend wirkt und für schnell fettendes und schuppiges Haar geeignet ist. Bei häufiger Haarwäsche ist er eine ideale Spülung. Ich nutze dafür nur die Blüten. Das Grüne des Holunders solltet ihr aber lieber meiden, denn es ist leicht giftig.
Na, das war ja ganz schön viel Information auf engstem Raum. Ich hoffe, ihr konntet auch diesmal wieder etwas für euch mitnehmen und seid bestenfalls inspiriert ein wenig mit den verschiedensten Pflanzen zu experimentieren. Da ich keine der Pflanzen in irgendeiner Weise allumfassend beschrieben habe, rate ich, zumindest bei Anwendungen die nicht nur euer Haar betreffen, euch unbedingt eingehender mit den Pflanzen zu beschäftigen. Das kann wahnsinnig viel Spass machen und es ist ein schöner Gedanke, dass wir alle dazu beitragen können, altes Wissen zu bewahren.
Habt ein tolles Wochenende!
Kaffeekasse
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Hallo liebe Erbse.
Zuerst mal großes Lob an dich, ich bewundere dich und deinen Blog schon lange – bin ich Fan von *.*
Vor allem gefällt mir dass du gleich alt bist wie ich und ich mich zu 100% identifizieren kann mit deinem Lifestyle. In meinem Freundeskreis schauen sie mich noch schief an wenn ich von Kräutern/Natürlichkeit/keine Chemie mehr spreche. :) Aber nun zu meiner Frage: Ich habe langes blondiertes Haar und lasse meinen Ansatz seit ca. 6 Monaten rauswachsen (frage nicht wie hart das ist! – Meine Naturhaarfarbe ist „asch-brünett“ -klingt komisch ich weiß!) Habe oben 3cm Naturhaaransatz dann ein dunkleres Blond für den Übergang und meine ausgebleichten Spitzen die keine Farbe mehr annehmen wegen dem vielen blondieren. Ich hab das Problem – wenn ich sie „natürlich“ pflege, krieg ich sie ab Ohrhöhe schwer durch beim Kämmen und sie sind im trockenen Zustand wie ein Besen. Hast du einen „natürlichen“ Tipp um krauses Haar zu bändigen? Ich danke dir ♥-lich und wünsch dir einen super tollen Tag! LisaMarie
Hallo LisaMarie,
danke für deine lieben Worte. :D Ich kann gut nachvollziehen, dass man dich deswegen mal schräg anguckt. Manche meiner Freunde, können auch nicht so ganz verstehen wie und wieso ich das so mache wie ich es mache.
Mit blondierten Haaren kenne ich mich so gar nicht aus, deshalb bin ich da mit Tipps sehr vorsichtig. Aber ich habe schon oft gehört, dass Leute ihre blondierten Längen verstärkt mit Ölkuren behandeln. Zum Beispiel Kokosöl. Oder am Besten kann ich mir Brokkolisamenöl vorstellen.
Ich hoffe das hilft dir irgendwie weiter. Vielleicht liest das hier ja noch Jemand, der ein paar gute Tipps hat? :)
In jedem Fall wünsche ich dir ganz viel Durchhaltevermögen. :D
Liebe Grüße,
Erbse
Ich danke dir! ♥
Super Beitrag ! :)
Ich les deine Einträge sehr gerne, mag diesen veganen Lifestyle, da ich selbst auch total auf Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein achte !
Das mit den griechischen Sagen und der Minze war wirklich sehr interessant :) toll !
Lg Vivi,
vanillaholica.com
Hey Vivi :D
Ich danke dir für dein Feedback. Die Kräuterartikel sind manchmal ganz schön rechercheintensiv, weil ich auch ganz besonders die alten Geschichten und Mythen rund um die Pflanzen mag. Deshalb umso schöner, dass es gerne gelesen wird. :)
Alles Liebe,
Erbse
Ein toller Post, und sehr interessant! Ich finde die Geschichten hintern den Pflanzen sogar fast noch spannender als ihren Einsatzzweck, den ich aber auch sehr gern mal testen werde :)
Da du dich ja ausführlich mit dem Thema beschäftigt hast, kennst du vielleicht ein schönes Buch, bei dem, ähnlich wie bei deinem Post, nicht nur auf die Wirkweise, sondern auch auf die Geschichte der Pflanzen eingegangen wird?
Hey Kati :D
danke dir! Mir gefallen die Mythen und Geschichten hinter den Pflanzen am am Besten. Das macht irgendwie Spass.
Das mit den Büchern ist so eine Sache. Ich habe mittlerweile einige angehäuft, aber die meisten davon finde ich als Gesamtwerk nicht so pralle. Hier und da sind mal tolle Anhaltspunkte und Geschichten enthalten, aber solche Bücher haben es leider oft an sich, dass sie für mein Empfinden zu sehr in die Esoterik-Ecke gehen. Das finde ich an sich gar nicht schlimm, suche ich in dieser Hinsicht aber nicht.
Noch nicht komplett gelesen, aber am Ehesten das was du suchen könntest: Hexenfurz und Teufelsdreck von Gerd Haerkötter
Liebe Grüße,
Erbse
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